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Alle Jahre wieder...

Alle Jahre wieder...
...warten wir auf den Weihnachtsmann...

Tischler Andersen und der Weihnachtmann

Eine norwegische Weihnachtsgeschichte für Kinder ab 3,5 Jahren. Von Alf Prøysen, frei übersetzt vom Norwegen-Service.

Es war einmal ein Vater, der hieß Tischler Andersen. Er hatte viele Kinder, wie andere Väter auch, und da es gerade Weihnachtsabend war, schlich er sich leise hinaus. Seine Kinder und Frau Tischler Andersen saßen unterdessen am Tisch und knackten Nüsse.

Er wollte zu seinem Holzschuppen, denn dort hing seine Weihnachtsmannverkleidung. Auf einem Schlitten lag ein großer Sack mit Weihnachtsgeschenken. Tischler Andersen zog seine Weihnachtsmannverkleidung an und zog den Schlitten mit dem Sack obendrauf auf den Hof hinaus. Doch war es an diesem Abend sehr glatt, weshalb Tischler Andersen der Länge nach hinfiel – direkt auf den Schlitten und den Sack. Da es in Richtung des Hofweges steil bergab ging, rutschen sie allesamt dorthin, der Sack, der Schlitten und Tischer Andersen. Genau neben dem Weg lief jedoch ein anderer Mann in Weihnachtsmannverkleidung und mit einem Schlitten.

„Weg da!“ rief Tischler Andersen und versuchte auszuweichen. Doch er hinter der Weihnachtsmannmaske fast nichts sehen konnte, stießen die beiden zusammen und landeten im Graben.

„`tschuldigung“, sagte Tischler Andersen.
„Gleichfalls `tschuldigung“, sagte der andere.

„Da haben wir ja beide das gleiche vor“, sagte Tischler Andersen. „Sie haben sich ja auch als Weihnachtsmann verkleidet“, sagte er, lachte und streckte seine Hand aus um sich vorzustellen.
„Tischler Andersen.“
„Weihnachtsmann“, sagte der andere und reichte ihm daraufhin seine Hand.

„He, he“, sagte Tischler Andersen, „du machst mir Spaß, aber es ist ja schließlich Weihnachtsabend und da hat man es gerne etwas lustig.“

„Genau“, sagte der andere. „Und wenn du willst, können wir es so machen: Ich gehe zu deinen Kindern und gebe ihnen die Geschenke, und du gehst zu meinen Kindern. Doch da musst du vorher diese alberne Weihnachtsmannverkleidung ausziehen.“

„Aber, als was soll ich mich denn dann verkleiden?“ sagte Tischler Andersen.

„Du brauchst dich nicht verkleiden, meine Kinder sehen den Weihnachtsmann das ganze Jahr lang, aber einen richtigen Tischler haben sie noch nie gesehen. Und jedes Jahr zu Weihnachten sage ich zu ihnen: Wenn ihr jetzt schön brav seid, so kommt Tischler Andersen am Weihnachtsabend zu euch, währenddessen ich meine Geschenke an die Menschenkinder verteile.
Doch ich hätte nie gedacht, dass wir uns wirklich mal treffen. Wollen wir nun tauschen, damit meine Kinder nicht den ganzen Weihnachtsabend lang allein sind?“

„Ja, das könne wir gerne tun“, sagte Tischler Andersen, „doch leider habe ich keine Geschenke für deine Kinder.“

„Geschenke?“ sagte der Weihnachtsmann. „Bist du denn kein Tischler?“

„Dooooch“, sagte Andersen.

„Dann kannst du doch einfach ein paar Bretter und Nägel mitnehmen. Und ein Messer wirst du ja sicher auch haben, oder?“

Doch, freilich hatte Tischler Andersen ein Messer, und genügend Bretter und Nägel lagen im Holzschuppen.

„Nun kannst du einfach meinen Fußspuren in den Wald folgen“, sagte der Weihnachtsmann. „Dann nehme ich den Schlitten und deinen Sack und klingel bei euch. Du wohnst doch in der zweiten Etage, oder?“

„Ja“, sagte Tischler Andersen.

Und so kam es, dass der Weihnachtsmann hinauf zum Haus des Tischlers und Tischler Andersen in den Wald ging. Er musste nicht sehr weit laufen, nur an zwei Tannen, einem Stein und einem Baumstumpf vorbei, hinter dem er schon drei kleine Zipfelmützen erblickte.

„Da kommt er, da kommt er.“ riefen die Wichtelkinder und liefen voraus zu einem vom Wind gefällten Baum, dessen Wurzeln in den Himmel ragten. Als Tischler Andersen diesen auch erreichte, stand dort auch die Frau des Weihnachtsmanns.

„Jetzt komm er, Mutter! Jetzt kommt Tischler Andersen! Schau nur. Ist er nicht groß?“

„Nun, nun, Kinder, man sollte meinen, ihr hab noch nie zuvor Menschen gesehen“, sagte die Frau Weihnachtsmann.
„Aber sie haben noch nie einen echten Tischler gesehen“, rief Andersen.

„Bitte, komm doch herein“, sagte Frau Weihnachtsmann und hob einen Zweig an. Andersen beugte seinen langen Rücken und kroch unter dem Zweig hindurch. Er kam in eine kleine Stube mit Steinboden, Baumstumpf-Stühlen und Moosbetten mit Decken aus Preiselbeer-Heide. Im kleinsten Bett lag ein kleines Kind und in der Ecke saß ein alter Wichtel und nickte mit dem Kopf.

„Hast du das Messer mit? Hast du Bretter und Nägel dabei?“ quengelten die Wichtelkinder und zerrten und zogen an Tischler Andersen.

„Immer mit der Ruhe. Andersen muss doch erstmal hereinkommen dürfen, bevor ihr anfangt herumzuquengeln.“ sagte Frau Weihnachtsmann.
„Setz dich, Andersen.“

„Sind hier fremde Wichtel?“ hörte man den alten Wichtel aus der Ecke rufen.
„Es ist Andersen! Der Tischler!“ rief Frau Weihnachtsmann in sein Ohr.

„Er ist so alt, der Großvater, er schafft es nicht mehr, vor die Türe gehen. Du solltest zu ihm hinüber laufen und ihn grüßen. Das freut ihn.“

Ja, da ging Andersen hinüber, begrüßte den alten Wichtel und nahm seine Hand. Es war, als ob er ein Stück Rinde angefasst hätte.

„Nun musst du dich aber endlich setzen, Tischler Andersen“, sagten die Kinder.

„Weißt du, was du mir machen musst?“ sagte das größte Wichtelkind und lachte mit einem Zahn. „Du musst mir einen Schlitten machen. Kannst du das? Einen kleinen Spielzeugschlitten?“

„Ja, da muss ich mal schau`n“, sagte Andersen zögernd. Doch es dauerte nicht lange, und der Schlitten war fertig.

„Jetzt bin ich dran“, sagte der mittelgroße Wichtel. Es war ein kleines Mädchen mit abstehenden Zöpfen.

„Was willst du denn haben?“, fragte Andersen.

„Ein Puppenbett“, sagte das Wichtelmädchen.

„Hast du denn eine Puppe?“ fragte Andersen.

„Nein, aber die Kinder der Waldmaus dürfen ab und zu zu mir kommen, und mit den Kindern der Eichhörnchen darf ich „Puppe spielen“ so oft ich will. Die finden das toll. Mach ein Puppenbett!“

Und so schnitzte Andersen ein Puppenbett.

„Was willst du denn haben?“ sagte er zu dem kleinsten Wichtel, der verlegen herum stand und drei Sommersprossen auf der Nase hatte.

„Weiß nicht“, flüsterte der Junge.

„Doch, natürlich weiß er es. Er redet von nichts anderem. Sag es nur!“, riefen die anderen Kinder.

„Einen Kreisel“, flüsterte der kleine Junge.

„Na, den sollst du bekommen!“ sagte Andersen und machte einen Kreisel.

„Jetzt musst du auch noch etwas für Mutter machen!“ quengelten die Kinder.

Frau Weihnachtsmann hatte die ganze Zeit dabei gestanden und etwas hinter ihren Rücken verborgen.

„Psst, Kinder!“ sagte Frau Weihnachtsmann.

„Sag nur, was ich machen soll“, sagte Andersen.

„Ja“, sagte die Frau und zeigte, was sie hinter ihrem Rücken verborgen hielt. Es war ein Kochlöffel. Aber der war so alt und zersplittert und hatte einen so großen Riss, dass man damit auf alle Fälle keine Suppe mehr essen konnte.

„Glaubst du, du kannst den hier in Schuss bringen?“

„Hm“, machte Andersen und kratzte sich mit dem Zimmermannsbleistift, den er immer hinter dem Ohr hatte. „Da mach ich dir wohl besser einen neuen Kochlöffel.“

Und so nahm er ein schönes Stück Wurzel, das er neben der Tür fand, und schnitzte einen neuen Kochlöffel für Frau Weihnachtsmann. Und als er damit fertig war, suchte er sich ein gerades Stück Wurzel mit einem Haken am oberen Ende. Er setzte sich und begann auch daran herumzuschnitzen. Die Kinder quengelten und fragten, was er denn da mache, aber Andersen sagte nichts. Als er fertig war, war aus der Wurzel ein schöner Stock geworden.

„Bitteschön Großvater“, rief Andersen und ging mit dem Stock hinüber zu dem alten Wichtel.

Danach sammelte er noch alle Holzreste zusammen und bastelte aus ihnen eine kleine Bachstelze, die er über das Bett des kleinsten Wichtels hang.

„Oh, was für eine Pracht!“ sagte Frau Weihnachtsmann.
„Ja, nun müssen wir und wirklich bei dir bedanken, Andersen. Sagt schön Danke, Kinder. Kommt her und dankt Tischler Andersen. Ja, diesen Weihnachtsabend werden wir nie vergessen.“

„Danke, Danke, Danke!“ riefen die Kinder. Und auch der alte Wichtel schlurfte mit seinem neuen Stock herüber und sagte: „Tausend Dank!“

Da hörte er etwas vor der Türe rascheln, und sagte:
„Danke gleichfalls und Frohes Neues Jahr!“
Tischler Andersen eilte hinaus. Dort stand schon der Weihnachtsmann mit dem Schlitten und dem leeren Gabensack.

„Danke für deine Hilfe, Andersen.“ sagte der Weihnachtsmann. „Was sagten die Kinder, als sie dich sahen?“

„Na, die haben sich gefreut. Und nun warten sie nur noch darauf, dass du heim kommst, denke ich. Wie war es denn bei dir? Hat sich mein Kleinster nicht vor dir erschrocken?“

„Ganz im Gegenteil“, sagte der Weihnachtsmann. „Er dachte, du wärst es. „Schaut, hab Papa gefangen“, sagte er die ganze Zeit.“

„Ja, nun sollte ich schnell nach Hause gehen.“ sagte Andersen. Er wünschte allen noch mal ein Frohes Fest und lief davon.

„Darf ich denn mal eure Geschenke sehen?“ fragte er die Kinder, als er die Stube betrat.
Aber da lachten die Kinder nur.
„Du hast die doch schon vorher gesehen. Als du Weihnachtsmann warst.“
„Nein, ich war bei den Wichtelkindern und habe für sie Geschenke geschnitzt“, sagte Andersen.

Aber dies glaubten ihm seine Kinder natürlich nicht. Ja, und so kam Andersen nach den Feiertagen zu mir und bat mich, diese Geschichte aufzuschreiben. Und das tat ich.
...alle Jahre wieder...
...singt man im Brixental...

Es wird scho glei dumpa, es wird scho glei Nåcht,
Drum kim i zu dir her, mei Heiland auf d'Wacht.
Will singen a Liadl, dem Liebling dem kloan,
Du mågst jå net schlåfn, i hör die nur woan.
Hei, hei, hei, hei!
Schlåf siaß, herzliabes Kind!

Vergiss hiaz, o Kinderl, dein Kummer, dei Load,
dass d'dåda muaßt leidn im Ståll auf da Hoad.
Es ziern jå dieEngerl dei Liegerstatt aus.
Möcht schöna nit sein drin an König sei Haus.
Hei, hei, hei, hei!
Schlåf siaß, herzliabes Kind!

Jå Kinderl, du bist hålt im Kripperl so schen,
mi ziemt, i kånn nimmer då weg von dir gehn.
I wünsch dir von Herzen die süaßte Ruah,
die Engerl vom Himmel, die deckn di zua.
Hei, hei, hei, hei!
Schlåf siaß, herzliabes Kind!

Måch zua deine Äugal in Ruah und in Fried
und gib mir zum bschied dein Segn no gråd mit!
ft werd jå mei Schlaferl a sorgenlos sein,
åft kånn i mi ruahli aufs Niederlegn gfrein.
Hei, hei, hei, hei!
Schlåf siaß, herzliabes Kind!


...allen Menschen eine friedvolle Advendszeit...
...alle Jahre wieder...
Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern

Es war so gräßlich kalt; es schneite und es begann dunkler Abend zu werden. Es war auch der letzte Abend des Jahres, Silvesterabend. In dieser Kälte und in dieser Dunkelheit ging auf der Straße ein kleines, armes Mädchen mit bloßem Kopf und nackten Füßen; ja, sie hatte zwar Pantoffeln angehabt, als sie von Hause wegging, aber was nützte das schon! Es waren sehr große Pantoffeln, ihre Mutter hatte sie zuletzt benutzt, so groß waren sie, und die verlor die Kleine, als sie über die Straße eilte, während zwei Wagen so erschreckend schnell vorbeifuhren. Der eine Pantoffel war nicht zu finden, und mit dem andern lief ein Knabe davon; er sagte, den könne er als Wiege brauchen, wenn er selbst einmal Kinder bekomme.

Da ging nun das kleine Mädchen auf den nackten, kleinen Füßen, die vor Kälte rot und blau waren. In einer alten Schürze trug sie eine Menge Schwefelhölzer, und ein Bund hielt sie in der Hand. Niemand hatte ihr den ganzen Tag hindurch etwas abgekauft; niemand hatte ihr einen kleinen Schilling gegeben. Hungrig und verfroren ging sie dahin und sah so eingeschüchtert aus, die arme Kleine! Die Schneeflocken fielen in ihr langes, blondes Haar, das sich so schon um den Nacken ringelte, aber an diese Pracht dachte sie wahrlich nicht. Aus allen Fenstern glänzten die Lichter, und dann roch es auf der Straße so herrlich nach Gänsebraten; es war ja Silvester- abend, ja, daran dachte sie!

Drüben in einem Winkel zwischen zwei Häusern, von denen das eine etwas mehr vorsprang als das andere, dort setzte sie sich hin und kauerte sich zusammen. Die kleinen Beine hatte sie unter sich hochgezogen; aber es fror sie noch mehr, und nach Hause zu gehen, wagte sie nicht. Sie hatte ja keine Schwefelhölzer verkauft, nicht einen einzigen Schilling bekommen. Ihr Vater würde sie schlagen, und kalt war es zu Hause, sie hatten nur eben das Dach über sich, und da pfiff der Wind herein, obwohl in die größten Spalten Stroh und Lumpen gestopft waren. Ihre kleinen Hände waren beinahe ganz abgestorben vor Kälte. Ach! Ein kleines Schwefelhölzchen könnte guttun. Wenn sie es nur wagen würde, eines aus dem Bund zu ziehen, es gegen die Wand zu streichen und die Finger zu erwärmen! Sie zog eins heraus, ritsch! Wie es sprühte, wie es brannte! Es war eine warme, helle Flamme, wie ein kleines Licht, als sie, es mit der Hand umschirmte. Es war ein seltsames Licht: dem kleinen Mädchen war es, als säße es vor einem großen, eisernen Ofen mit blanken Messingkugeln und einem Messingrohr. Das Feuer brannte so herrlich, wärmte so gut; nein, was war das! Die Kleine streckte schon die Füße aus, um auch diese zu wärmen - da erlosch die Flamme. Der Ofen verschwand, sie saß mit einem kleinen Stück des abgebrannten Schwefelhölzchens in der Hand.

Ein neues wurde angestrichen, es brannte, es leuchtete, und wo der Schein auf die Mauer fiel, wurde diese durch- sichtig wie ein Schleier; sie sah gerade in die Stube hinein, wo der Tisch gedeckt stand mit einem blendendweißen Tischtuch, mit feinem Porzellan, und herrlich dampfte die gebratene Gans, gefüllt mit Zwetschgen und Äpfeln; und was noch prächtiger war: die Gans sprang von der Schüssel herunter, watschelte durch die Stube, mit Messer und Gabel im Rücken; gerade auf das arme Mädchen kam sie zu. Da erlosch das Schwefelholz, und es war nur die dicke, kalte Mauer zu sehen.

Die Kleine zündete ein neues an. Da saß sie unter dem schönsten Weihnachtsbaum; er war noch größer und schöner geschmückt als der, den sie bei der letzten Weihnacht durch die Glastür bei dem Kaufmann gesehen hatte. An den grünen Zweigen brannten tausend Kerzen, und bunte Bilder, gleich denen, welche die Schaufenster schmückten, sahen auf sie herab. Die Kleine streckte beide Hände in die Höhe - da erlosch das Schwefelholz; die vielen Weihnachtslichter stiegen höher und höher. Sie sah, jetzt waren sie zu den hellen Sternen geworden, einer von ihnen fiel und hinterließ einen langen Feuerstreifen am Himmel. »Jetzt stirbt jemand«, sagte die Kleine, denn die alte Großmutter, die einzige, die gut zu ihr gewesen, aber nun tot war, hatte gesagt: wenn ein Stern fällt, geht eine Seele hinauf zu Gott.

Sie strich wieder ein Schwefelhölzchen gegen die Mauer, es leuchtete ringsumher, und in dem Glanz stand die alte Großmutter, so klar, so schimmernd, so mild und lieblich.

»Großmutter«, rief die Kleine, »oh, nimm mich mit! Ich weiß, du bist fort, wenn das Schwefelhölzchen ausgeht, fort, ebenso wie der warme Ofen, der herrliche Gänsebraten und der große, gesegnete Weihnachtsbaum!«

Und sie strich hastig den ganzen Rest von Schwefelhölzern an, die im Bund waren. Sie wollte Großmutter recht festhalten; und die Schwefelhölzer leuchteten mit einem solchen Glanz,
daß es heller war als der lichte Tag. Großmutter war früher nie so schön, so groß gewesen; sie hob das kleine Mädchen auf ihren Arm, und sie flogen in Glanz und Freude so hoch, so hoch dahin; und dort war keine Kälte, kein Hunger, keine Angst, sie waren bei Gott.

Aber im Winkel beim Hause saß in der kalten Morgenstunde das kleine Mädchen mit roten Wangen, mit einem Lächeln um den Mund - tot, erfroren am letzten Abend des alten Jahres. Der Neujahrsmorgen ging über der kleinen Leiche auf die mit den Schwefelhölzern dasaß, von denen ein Bund fast abgebrannt war. Sie hatte sich wärmen wollen, sagte man. Niemand wußte, was sie Schönes gesehen hatte und in welchem Glanz sie mit der alten Großmutter eingegangen war zur Neujahrsfreude.


von Hans Christian Andersen
Alle Jahre wieder...
Weihnachten

Markt und Straßen stehn verlassen,
Still erleuchtet jedes Haus,
Sinnend geh ich durch die Gassen,
Alles sieht so festlich aus.

An den Fenstern haben Frauen
Buntes Spielzeug fromm geschmückt,
Tausend Kindlein stehn und schauen,
Sind so wunderstill beglückt.

Und ich wandre aus den Mauern
Bis hinaus ins freie Feld,
Hehres Glänzen, heilges Schauern!
Wie so weit und still die Welt!

Sterne hoch die Kreise schlingen,
Aus des Schnees Einsamkeit,
Steigts wie wunderbares Singen -
O du gnadenreiche Zeit!


Joseph von Eichendorff (1788 - 1857)
Alle Jahre wieder...
Der glückliche kleine Vogel

Der glückliche kleine Vogel Zizibä saß in einem kahlen Fliederbusch und fror. Zizibä war ein kleiner Vogel. Er hatte sein Federkleid dick aufgeplustert, weil's dann ein wenig wärmer war.

Da saß er wie ein dicker runder Ball, und keiner ahnte, wie dünn sein Körper drunter aussah. Zizibä hatte die Augen zu. Er mochte schon gar nicht mehr hinsehen, wie die Schneeflocken endlos vom Himmel herunterfielen und alles zudeckten. Alle Futterplätze waren zugeschneit. Ach, und Hunger tat so weh. Zwei Freunde von Zizibä waren schon gestorben.

Stellt euch mal vor, ihr müsstet in einem kahlen Strauch sitzen, ganz allein im Schnee, und hättet nichts zu essen. Kein Frühstück, kein Mittagessen - und abends müsstet ihr hungrig einschlafen, ganz allein draußen im leeren Fliederbusch, wo's dunkel ist und kalt. Das wäre doch schlimm. Zizibä musste das alles erleiden. Er saß da und rührte sich nicht. Nur manchmal schüttelte er den Schnee aus den Federn. Wieder ging ein hungriger Tag zu Ende.

Zizibä wollte einschlafen. Er hörte plötzlich ein liebliches Geklingel. Dann wurde es hell und warm, und Zizibä dachte: Oh, das ist gewiß der Frühling. Aber es war der Weihnachtsengel. Er kam daher mit einem Schlitten voller Weihnachtspakete.

Er sang vergnügt. "Morgen, Kinder, wird's was geben..." und leuchtete mit seinem Laternchen den Weg. Da entdeckte er auch unseren Zizibä. "Guten Abend", sagte der Engel, "warum bist du so traurig?" - "Ich hab' so Hunger", piepste Zizibä und machte vor Kummer wieder die Augen zu. - "Du armer Kleiner", sagte der Engel, "ich habe auch nichts zu essen dabei. Woher kriegen wir nur was für dich?" Aber das war's ja, was Zizibä auch nicht wusste. Doch dann hatte der Engel eine himmlische Idee. "Warte", sagte er, "ich werde dir helfen. Bis morgen ist alles gut. Schlaf nur ganz ruhig."

Aber Zizibä war schon eingeschlafen und merkte gar nicht, wie der Engel weiterzog und im nächsten Haus verschwand. Im nächsten Haus wohnte Franzel. Das war ein netter, kleiner Bub. Jetzt lag er im Bett und schlief und träumte von Weihnachten. Der Engel schwebte leise herzu, wie eben Engel schweben, und beugte sich über ihn. Leise, leise flüsterte er ihm etwas ins Ohr, und was Engel sprechen, das geht gleich ins Herz. Der Franzel verstand auch sofort, um was sich's handelt, obwohl er fest schlief.

Als er am nächsten Morgen wach wurde, rieb er sich die Augen und guckte zum Fenster hinaus. "Ei, so viel Schnee", rief er, sprang aus dem Bett, riß das Fenster auf und fuhr mit beiden Händen in den Schnee. Dann machte er einen Schneeball und warf ihn aus Übermut hoch in die Luft. Plötzlich hielt er inne. Wie war das doch heute Nacht? Hatte er nicht irgend etwas versprochen? Richtig, da fiel's ihm ein. Er sollte dem Zizibä Futter besorgen.

Der Franzel fegte den Schnee vom Fensterbrett und rannte zur Mutter in die Küche. "Guten Morgen, ich will den Zizibä füttern, ich brauch' Kuchen und Wurst!" rief er. - "Das ist aber nett, daß du daran denkst", sagte die Mutter, "aber Kuchen und Wurst taugen nicht als Futter. Der Kuchen weicht auf, und die Wurst ist viel zu salzig. Da wird der arme Zizibä statt an Hunger an Bauchschmerzen sterben."

Die Mutter ging und holte eine Tüte Sonnenblumenkerne. "Die sind viel besser", sagte sie. Der Franzel streute die Kerne auf's Fensterbrett und rief: "Guten Appetit, Zizibä!" Dann musste er sausen, um noch rechtzeitig zur Schule zu kommen.

Als die Schule aus war, kam er auf dem Nachhauseweg beim Samenhändler Korn vorbei. Der Franzel ging in den Laden und sagte: "Ich hätte gern Futter für die Vögel im Garten." Er legte sein ganzes Taschengeld auf den Tisch. Dafür bekam er eine große Tüte voll Samen und Meisenringe. Nun rannte er nach Hause zu seinem Fensterbrett. Aber - o weh - da war alles zugeschneit.

Doch die Körner waren verschwunden. Die hatte Zizibä noch rechtzeitig entdeckt. Er hatte seine Vettern und Kusinen herbeigeholt, und sie hatten sich einen guten Tag gemacht, während der Franzel in der Schule war. Es darf nicht wieder alles zuschneien, dachte der Franzel, und als sein Vater am Nachmittag heimkam, machten sie sich gleich daran und zimmerten ein wunderschönes Futterhaus. Das hängten sie vor dem Fenster auf.

Am nächsten Tag sprach sich´s bei der ganzen Vogelgesellschaft herum, daß es beim Franzel etwas Gutes zu essen gab. Das war eine große Freude, denn kein Vogel brauchte mehr vor Hunger zu sterben, und abends, wenn der Engel vorbeikam, sah er nur satte und zufriedene Vögel friedlich schlummern.

Dafür legte er dem Franzel noch ein Extra-Geschenk unter den Weihnachtsbaum, und es wurde ein wunderschönes Fest.
Der allererste Weihnachtsbaum

Der Weihnachtsmann ging durch den Wald. Er war ärgerlich. Sein weißer Spitz, der sonst immer lustig bellend vor ihm herlief, merkte das und schlich hinter seinem Herrn mit eingezogener Rute her. Er hatte nämlich nicht mehr die rechte Freude an seiner Tätigkeit. Es war alle Jahre dasselbe. Es war kein Schwung in der Sache. Spielzeug und Eßwaren, das war auf die Dauer nichts. Die Kinder freuten sich wohl darüber, aber quieken sollten sie und jubeln und singen, so wollte er es, das taten sie aber nur selten.

Den ganzen Dezembermonat hatte der Weihnachtsmann schon darüber nachgegrübelt, was er wohl Neues erfinden könne, um einmal wieder eine rechte Weihnachtsfreude in die Kinderwelt zu bringen, eine Weihnachtsfreude, an der auch die Großen teilnehmen würden. Kostbarkeiten durften es auch nicht sein, denn er hatte soundsoviel auszugeben und mehr nicht. So stapfte er denn auch durch den verschneiten Wald, bis er auf dem Kreuzweg war. Dort wollte er das Christkindchen treffen. Mit dem beriet er sich nämlich immer über die Verteilung der Gaben. Schon von weitem sah er, daß das Christkindchen da war, denn ein heller Schein war dort.

Das Christkindchen hatte ein langes weißes Pelzkleidchen an und lachte über das ganze Gesicht. Denn um es herum lagen große Bündel Kleeheu und Bohnenstiegen und Espen- und Weidenzweige, und daran taten sich die hungrigen Hirsche und Rehe und Hasen gütlich. Sogar für die Sauen gab es etwas: Kastanien, Eicheln und Rüben.

Der Weihnachtsmann nahm seinen Wolkenschieber ab und bot dem Christkindchen die Tageszeit. "Na, Alterchen, wie geht's?" fragte das Christkind. "Hast wohl schlechte Laune?" Damit hakte es den Alten unter und ging mit ihm. Hinter ihnen trabte der kleine Spitz, aber er sah gar nicht mehr betrübt aus und hielt seinen Schwanz kühn in die Luft. "Ja", sagte der Weihnachtsmann, "die ganze Sache macht mir so recht keinen Spaß mehr. Liegt es am Alter oder an sonst was, ich weiß nicht. Das mit den Pfefferkuchen und den Äpfeln und Nüssen, das ist nichts mehr. Das essen sie auf, und dann ist das Fest vorbei. Man müßte etwas Neues erfinden, etwas, das nicht zum Essen und nicht zum Spielen ist, aber wobei alt und jung singt und lacht und fröhlich wird."

Das Christkindchen nickte und machte ein nachdenkliches Gesicht; dann sagte es: "Da hast du recht, Alter, mir ist das auch schon aufgefallen. Ich habe daran auch schon gedacht, aber das ist nicht so leicht."
"Das ist es ja gerade", knurrte der Weihnachtsmann, "ich bin zu alt und zu dumm dazu. Ich habe schon richtiges Kopfweh vom vielen Nachdenken, und es fällt mir doch nichts Vernünftiges ein. Wenn es so weitergeht, schläft allmählich die ganze Sache ein, und es wird ein Fest wie alle anderen, von dem die Menschen dann weiter nichts haben als Faulenzen, Essen und Trinken." Nachdenklich gingen beide durch den weißen Winterwald, der Weihnachtsmann mit brummigem, das Christkindchen mit nachdenklichem Gesicht.

Es war so still im Wald, kein Zweig rührte sich, nur wenn die Eule sich auf einen Ast setzte, fiel ein Stück Schneebehang mit halblautem Ton herab. So kamen die beiden, den Spitz hinter sich, aus dem hohen Holz auf einen alten Kahlschlag, auf dem große und kleine Tannen standen. Das sah wunderschön aus. Der Mond schien hell und klar, alle Sterne leuchteten, der Schnee sah aus wie Silber, und die Tannen standen darin, schwarz und weiß, daß es eine Pracht war. Eine fünf Fuß hohe Tanne, die allein im Vordergrund stand, sah besonders reizend aus. Sie war regelmäßig gewachsen, hatte auf jedem Zweig einen Schneestreifen, an den Zweigspitzen kleine Eiszapfen, und glitzerte und flimmerte nur so im Mondenschein.

Das Christkindchen ließ den Arm des Weihnachtsmannes los, stieß den Alten an, zeigte auf die Tanne und sagte: "Ist das nicht wunderhübsch?"
"Ja", sagte der Alte, "aber was hilft mir das ?"
"Gib ein paar Äpfel her", sagte das Christkindchen, "ich habe einen Gedanken."
Der Weihnachtsmann machte ein dummes Gesicht, denn er konnte es sich nicht recht vorstellen, daß das Christkind bei der Kälte Appetit auf die eiskalten Äpfel hatte. Er hatte zwar noch einen guten alten Schnaps, aber den mochte er dem Christkindchen nicht anbieten. Er machte sein Tragband ab, stellte seine riesige Kiepe in den Schnee, kramte darin herum und langte ein paar recht schöne Äpfel heraus. Dann faßte er in die Tasche, holte sein Messer heraus, wetzte es an einem Buchenstamm und reichte es dem Christkindchen.

"Sieh, wie schlau du bist", sagte das Christkindchen. "Nun schneid mal etwas Bindfaden in zwei Finger lange Stücke, und mach mir kleine Pflöckchen." Dem Alten kam das alles etwas ulkig vor, aber er sagte nichts und tat, was das Christkind ihm sagte. Als er die Bindfadenenden und die Pflöckchen fertig hatte, nahm das Christkind einen Apfel, steckte ein Pflöckchen hinein, band den Faden daran und hängte den an einen Ast. "So", sagte es dann, "nun müssen auch an die anderen welche, und dabei kannst du helfen, aber vorsichtig, daß kein Schnee abfällt!" Der Alte half, obgleich er nicht wußte, warum. Aber es machte ihm schließlich Spaß, und als die ganze kleine Tanne voll von rotbäckigen Äpfeln hing, da trat er fünf Schritte zurück, lachte und sagte; "Kiek, wie niedlich das aussieht! Aber was hat das alles für'n Zweck?"

"Braucht denn alles gleich einen Zweck zu haben?“ lachte das Christkind. "Paß auf, das wird noch schöner. Nun gib mal Nüsse her!" Der Alte krabbelte aus seiner Kiepe Walnüsse heraus und gab sie dem Christkindchen. Das steckte in jedes ein Hölzchen, machte einen Faden daran, rieb immer eine Nuß an der goldenen Oberseite seiner Flügel, dann war die Nuß golden, und die nächste an der silbernen Unterseite seiner Flügel, dann hatte es eine silberne Nuß und hängte sie zwischen die Äpfel.

"Was sagst nun, Alterchen?" fragte es dann. "Ist das nicht allerliebst?"
"Ja", sagte der, "aber ich weiß immer noch nicht..."
"Komm schon!" lachte das Christkindchen. "Hast du Lichter?"
"Lichter nicht", meinte der Weihnachtsmann, "aber 'nen Wachsstock!"
"Das ist fein", sagte das Christkind, nahm den Wachsstock, zerschnitt ihn und drehte erst ein Stück um den Mitteltrieb des Bäumchens und die anderen Stücke um die Zweigenden, bog sie hübsch gerade und sagte dann; "Feuerzeug hast du doch?"

"Gewiß", sagte der Alte, holte Stein, Stahl und Schwammdose heraus, pinkte Feuer aus dem Stein, ließ den Zunder in der Schwammdose zum Glimmen kommen und steckte daran ein paar Schwefelspäne an. Die gab er dem Christkindchen. Das nahm einen hellbrennenden Schwefelspan und steckte damit erst das oberste Licht an, dann das nächste davon rechts, dann das gegenüberliegende. Und rund um das Bäumchen gehend, brachte es so ein Licht nach dem andern zum Brennen. Da stand nun das Bäumchen im Schnee; aus seinem halbverschneiten, dunklen Gezweig sahen die roten Backen der Äpfel, die Gold- und Silbernüsse blitzten und funkelten, und die gelben Wachskerzen brannten feierlich. Das Christkindchen lachte über das ganze rosige Gesicht und patschte in die Hände, der alte Weihnachtsmann sah gar nicht mehr so brummig aus, und der kleine Spitz sprang hin und her und bellte.

Als die Lichter ein wenig heruntergebrannt waren, wehte das Christkindchen mit seinen goldsilbernen Flügeln, und da gingen die Lichter aus. Es sagte dem Weihnachtsmann, er solle das Bäumchen vorsichtig absägen. Das tat der, und dann gingen beide den Berg hinab und nahmen das bunte Bäumchen mit. Als sie in den Ort kamen, schlief schon alles. Beim kleinsten Hause machten die beiden halt. Das Christkindchen machte leise die Tür auf und trat ein; der Weihnachtsmann ging hinterher. In der Stube stand ein dreibeiniger Schemel mit einer durchlochten Platte. Den stellten sie auf den Tisch und steckten den Baum hinein.

Der Weihnachtsmann legte dann noch allerlei schöne Dinge, Spielzeug, Kuchen, Äpfel und Nüsse unter den Baum, und dann verließen beide das Haus so leise, wie sie es betreten hatten. Als der Mann, dem das Häuschen gehörte, am andern Morgen erwachte und den bunten Baum sah, da staunte er und wußte nicht, was er dazu sagen sollte. Als er aber an dem Türpfosten, den des Christkinds Flügel gestreift hatte, Gold- und Silberflimmer hängen sah, da wußte er Bescheid. Er steckte die Lichter an dem Bäumchen an und weckte Frau und Kinder. Das war eine Freude in dem kleinen Haus wie an keinem Weihnachtstag. Keines von den Kindern sah nach dem Spielzeug, nach dem Kuchen und den Äpfeln, sie sahen nur alle nach dem Lichterbaum. Sie faßten sich an den Händen, tanzten um den Baum und sangen alle Weihnachtslieder, die sie wußten, und selbst das Kleinste, das noch auf dem Arm getragen wurde, krähte, was es krähen konnte.

Als es hellichter Tag geworden war, da kamen die Freunde und Verwandten des Bergmanns, sahen sich das Bäumchen an, freuten sich darüber und gingen gleich in den Wald, um sich für ihre Kinder auch ein Weihnachtsbäumchen zu holen. Die anderen Leute, die das sahen, machten es nach, jeder holte sich einen Tannenbaum und putzte ihn an, der eine so, der andere so, aber Lichter, Äpfel und Nüsse hängten sie alle daran. Als es dann Abend wurde, brannte im ganzen Dorf Haus bei Haus ein Weihnachtsbaum, überall hörte man Weihnachtslieder und das Jubeln und Lachen der Kinder. Von da aus ist der Weihnachtsbaum über ganz Deutschland gewandert und von da über die ganze Erde. Weil aber der erste Weihnachtsbaum am Morgen brannte, so wird in manchen Gegenden den Kindern morgens beschert.
**********ker07 Frau
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Zum Nachdenken
Märchen vom Auszug aller Ausländer
(nach Helmut Wöllenstein)

Es war einmal, etwa drei Tage vor Weihnachten, spät abends. Über den Marktplatz der kleinen
Stadt kamen ein paar Männer gezogen. Sie blieben an der Kirche stehen und sprühten auf die
Mauer: „Ausländer raus!" Steine flogen in das Fenster des südländischen Ladens. Dann zog die
Horde ab. Gespenstische Ruhe. Die Gardinen an den Bürgerhäusern waren schnell wieder zugefallen.
Niemand hatte etwas gesehen.

„Los kommt, es reicht, wir gehen!" „Wo denkst du hin! Was sollen wir denn da unten im Süden?" –
„Da unten? Das ist immerhin unsere Heimat. Hier wird es immer schlimmer. Wir tun, was an der
Wand steht: Ausländer raus!"

Tatsächlich, mitten in der Nacht kam Bewegung in die kleine Stadt. Die Türen der Geschäfte
sprangen auf: Zuerst kamen die Kakaopäckchen, die Schokoladen und Pralinen in ihren Weihnachtskleidungen.

Sie wollten nach Ghana und Westafrika, denn da waren sie zu Hause.
Dann kam der Kaffee, palettenweise, der Deutschen Lieblingsgetränk! Uganda, Kenia und Lateinamerika waren, seine Heimat.

Ananas, Orangen und Bananen räumten ihre Kisten, auch die Trauben und Erdbeeren aus Südafrika.
Fast alle Weihnachtsleckereien brachen auf, Pfeffernüsse, Spekulatius und Zimtsterne, die Gewürze
in ihrem Inneren zog es nach Indien. Der Dresdner Christstollen zögerte. Man sah Tränen in
seinen Rosinenaugen, als er zugab: „Mischungen wie mir geht's besonders an den Kragen". Mit
ihm kamen das Lübecker Marzipan und der Nürnberger Lebkuchen. Nicht Qualität, nur Herkunft
zählte jetzt.

Der Verkehr brach an diesem Tag zusammen. Lange Schlangen japanischer Autos, vollgestopft
mit Optik und Unterhaltungselektronik, krochen gen Osten. Am Himmel sah man die Weihnachtsgänse nach Polen fliegen, auf ihrer Bahn gefolgt von den feinen Seidenhemden und den Teppichen des fernen Asien.

Man musste sich vorsehen, um nicht auszurutschen, denn von überall her quollen Öl und Benzin
hervor, flössen aus Rinnsalen zu Bächen zusammen in Richtung Naher Osten. Aber man hatte ja
Vorsorge getroffen. Stolz holten die großen deutschen Autofirmen ihre Krisenpläne aus den
Schubladen: Der Holzvergaser war ganz neu aufgelegt worden. Wozu ausländisches Öl?! – Aber
die VWs, BMWs, AUDIs und MERCEDES' begannen sich aufzulösen in ihre Einzelteile.

Das Aluminium wanderte nach Jamaika, das Kupfer nach Somalia, ein Drittel der Eisenteile nach
Brasilien, der Naturkautschuk nach Zaire.

Und die Straßenecke hatte mit dem ausländischen Asphalt im Verbund auch immer ein besseres
Bild abgegeben als heute.

Nach drei Tagen war der Spuk vorbei, der Auszug geschafft, gerade rechtzeitig zum Weihnachtsfest.
Nichts Ausländisches war mehr im Land.

Aber Tannenbäume gab es noch, auch Äpfel und Nüsse.
Und „Stille Nacht" durfte gesungen werden – zwar nur mit Extragenehmigung, denn das Lied kam
aus Österreich. Nur eines wollte nicht ins Bild passen: Maria, Josef und das Kind waren geblieben.

Drei Juden.

Ausgerechnet.

„Wir bleiben", sagte Maria, „wenn wir aus diesem Lande gehen – wer will ihnen dann noch den
Weg zurück zeigen, den Weg zurück zu Vernunft und Menschlichkeit?"
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